Wasalauf-Topzeit statt WM-Einsatz

Vom zweiten Anlauf und einem Ritterschlag
3. September 2017
Wie Klause Kleisers Plan durchkreuzte
5. Oktober 2017

Wasalauf-Topzeit statt WM-Einsatz

Warum sich Monique Siegel über Platz 10 nur bedingt freuen konnte

Auf den ersten Blick hätte Monique Siegel mit ihrem zehnten Platz beim Vasaloppet 2017 rundum zufrieden sein können. Schließlich war ihr nicht nur die erste deutsche Top-Ten-Platzierung seit dem siebenten Rang von Staffel-Olympiasiegerin Manuela Henkel (WSV Oberhof) im Jahr 2010 gelungen. Sie hatte auf dem 90 Kilometer langen Kurs von Sälen nach Mora in 4:49:09 Stunden außerdem die zweitbeste je gelaufene Zeit einer deutschen Starterin erzielt. Schneller war zuvor nur Constanze Blum (Motor Zella-Mehlis), die 2001 in 4:47:52 Stunden Vierte wurde. Trotzdem fiel die Freude bei der 28-jährigen Skilangläuferin aus dem Erzgebirge eher verhalten aus. „Das ist eine Leistung, auf die man sehr stolz sein kann und zu der mir auch viele gratuliert haben. Aber meine Ziele für die Saison waren ganz andere“, gibt sie zu.

Keine Frage: Monique Siegel hätte dem Start beim Vasaloppet liebend gerne einen Einsatz bei der zeitgleich ausgetragenen Weltmeisterschaft in Lahti vorgezogen. Allerdings hatte die für den SC Norweger Annaberg startende Sportlerin zum wiederholten Mal die Qualifikation für den Saisonhöhepunkt verpasst. Nach durchaus viel versprechenden Resultaten in der Vorbereitung fehlte ihr auch das nötige Glück. Kurz vor den ersten Saisonrennen warf sie eine Blasen- und Nierenerkrankung zurück. Und als sie dennoch eine Chance bei der Tour de Ski bekam, musste sie erkältet aussteigen. „Ich war fast das ganze Jahr über gesund und dann hat es mich zweimal zum ungünstigsten Zeitpunkt erwischt“, sagt „Moni“, für die der WM-Zug damit schon früh abgefahren war.

Kein Geringerer als der tschechische Langlauf-Star Lukas Bauer stellte danach die Weichen für Monique Siegel in Richtung Vasaloppet. Dabei kamen zwei Dinge zusammen: Zum einen kannten sich beide schon lange, da der im Grenzdorf Gottesgab lebende Gesamtweltcupsieger von 2008 viele Jahre neben den deutschen Assen der Oberwiesenthaler Trainingsgruppe angehörte. Zum anderen engagierte sich der Tscheche neben seiner aktiven Laufbahn im Weltcup schon das zweite Jahr als Chef des Teams Pioneer Investment in der Ski Classics Serie. Für das gewann er Monique Siegel zunächst für den La Diagonela im Januar 2017 in der Schweiz, wo sie als Neunte über 50 km punkten konnte, und später auch für den ganz langen Kanten in Schweden. Lange nachdenken musste die mehrfache Deutsche Meisterin dabei nicht: „Es war eine relativ kurzfristige Entscheidung. Aber ich habe mir gesagt: Wenn du schon die Gelegenheit bekommst, mit einem Profi-Team zum Wasalauf zu fahren, dann nutze ich sie auch.“

Die spezifische Vorbereitung beschränkte sich jedoch auf zwei, drei längere Trainingsläufe über 3 bis 4 Stunden. Außerdem holte sich Monique Siegel Tipps bei Tatjana Stiffler aus der Schweiz, die im Jahr zuvor den Vasaloppet als zwölftbeste Frau gefinisht hatte. In der Woche vor dem Lauf trainierte sie mit ihrem Team auf der Wettkampfstrecke, ließ sich aber trotzdem nicht dazu überreden, ohne Steigwachs die 90 Kilometer in Angriff zu nehmen. „Wenn du nur einzelne Abschnitte läufst, kannst du das alles schon schieben. Aber in der Summe wird ja die Kraft nicht mehr. Da hätte man es einfach anders vorbereiten müssen“, sagt die Erzgebirgerin, die mit der gelben Nummer 531 aus der Elitegruppe starten durfte. Das riesige Starterfeld hauchte ihr dabei gehörigen Respekt ein. „Ich bin nicht so der typische Schnellstarter, aber mir war klar, dass ich zügig loslaufen muss, um nicht von hinten überrannt zu werden.“

Monique Siegel hielt das Tempo dementsprechend auf den ersten Kilometern hoch, ohne auf Teufel komm raus um jeden Platz zu kämpfen. „Gerade am Berg habe ich lieber zurückgesteckt, um keinen Stockbruch zu provozieren. Aber ich muss sagen, dass es relativ fair zuging“, erinnert sich die Vasa-Debütantin. Dass sie die Frauenspitze um die spätere Siegerin Britta Johansson-Norgren aus Norwegen (4:19:43 h) schon früh ziehen lassen musste, war jedoch kein Problem. „Ich dachte mir schon, dass es gut laufen müsste, um unter die ersten 15 zu kommen“, erklärt die Deutsche, die eigentlich den Freistil eher mag als die klassische Technik. Sie reihte sich in eine flotte Männer-Gruppe ein und kam zunächst auch sehr gut voran. „Bei Kilometer 45 habe ich mich gefreut, die Hälfte schon geschafft zu haben, aber je länger ich unterwegs war, desto klarer wurde mir, dass es eben erst die Hälfte war“, sagt Monique Siegel. Da sie nur bedingt vom Team verpflegt werden konnte, griff sie zum Ende hin immer öfter auch an der offiziellen Verpflegung zu. Auf den letzten 15 Kilometern ging es für sie trotzdem nur noch ums Ankommen. „Mir war egal, wer mich überholt, ich war einfach energetisch leer.“

Am Ende wurde sie in 4:49:09 h als Zehnte beste von insgesamt drei deutschen Läuferinnen, die sich unter den ersten 50 einrangieren konnten. Jessica Müller als 15. und Jessica Wirth als 38. rundeten das gute Abschneiden ab. Etwas getrübt wurde die Freude über dieses Ergebnis bei Monique Siegel von der schnellen Abreise. Keine fünf Stunden nach dem Zieleinlauf saß sie mit ihren Teamkameraden schon im Flieger nach Hause. „Das hat für mich etwas das Flair zerstört. Ich hätte mich gerne abends noch gemütlich hinsetzen wollen und den Tag sacken lassen. Denn es war einfach beeindruckend, wie sich 15.000 Läufer dieser Herausforderung gestellt haben“, erklärt sie. Von daher käme ein zweiter Start beim Vasaloppet für sie nur unter zwei Gesichtspunkten in Frage. Entweder mit einer spezielleren Vorbereitung auf die große Distanz. Oder aber mit einem Start aus der letzten Gruppe, um es gemütlich angehen und die Begeisterung der Massen für den Skilanglauf wirklich genießen zu können.

Das große Ziel von Monique Siegel für die Saison 2017/18 allerdings sind natürlich die Olympischen Winterspiele. Sie sagt: „Die Weltcupergebnisse der Saison 2015/16 von Nove Mesto, Toblach und Falun haben mir Mut gemacht und auch mein Selbstvertrauen gestärkt.“ Das war gemeinsam mit der Aussicht auf Pyeongchang für die Zollbeamtin letztlich auch der Antrieb, ihre Laufbahn fortzusetzen. Nachdem sie Deutschland im Sommer zum wiederholten Mal bei der Berglauf-EM vertrat (Platz 8 in Slowenien), stellte sie bei der traditionellen DSV-Sommerleistungskontrolle in Abwesenheit der Spitzenläuferinnen mit den Plätzen 1 (Skiroller) und 2 (Cross) ihre gute Form unter Beweis. „Ich wünsche mir eine faire Chance, mich für den Weltcup qualifizieren zu können“, sagte sie Anfang September nach einer gemeinsamen Trainingswoche in Italien mit Steffi Böhler, Nicole Fessel und Co.

Foto: Michal Kubala/Team PIONEER Investments