Wie Klause Kleisers Plan durchkreuzte

Wasalauf-Topzeit statt WM-Einsatz
10. September 2017

Wie Klause Kleisers Plan durchkreuzte

Beerheide (Gert-Dietmar Klause beim Wasalauf/Repro) Foto vom 3.3.15

Die etwas andere Geschichte zum bisher einzigen deutschen Sieg 1975

Als Rudolf Kleiser im Frühjahr 2017 das Buch „Wahnsinn Wasalauf“ mit einer persönlichen Widmung von Gert-Dietmar Klause in den Händen hielt, war das für den 74-Jährigen aus Hinterzarten eine emotionale Angelegenheit. Denn obwohl sich der Mann aus dem Schwarzwald und der bislang einzige deutsche Vasaloppet-Sieger aus dem Vogtland noch nie persönlich begegneten, verbindet sie doch seit 1975 eine ganz besondere Geschichte.

Gert-Dietmar Klause läuft 1975 als Sieger ins Ziel. Repro: Joachim Thoß

Als Gert-Dietmar Klause damals das 90-km-Rennen in Schweden in 4:20:29 h als erster Mitteleuropäer überhaupt gewann, verbesserte er einerseits den zehn Jahre alten Streckenrekord von Janne Stefansson um fast eine Viertelstunde. Andererseits machte er aber auch Rudolf Kleiser einen dicken Strich durch die Rechnung. Der damals 32-Jährige hatte sich für seine zweite Teilnahme am Vasaloppet anhand von Stefanssons Streckenrekord einen Plan zurecht gelegt, um die begehrte Vasa-Medaille mit nach Hause zu nehmen. Die bekommt bekanntlich jeder, der die Strecke von Sälen nach Mora in mindestens der anderthalbfachen Zeit des Siegers schafft. Und das war auch das Ziel von Rudolf Kleiser, der bei seinem ersten Start 1973 noch mehr als acht Stunden benötigt hatte.

Zwei Jahre später startete er also mit einem Spickzettel auf der Wachstasche, auf dem er sich die benötigten Zwischenzeiten für die einzelnen Verpflegungspunkte notiert hatte. „Es lief auch sehr gut, sodass ich die Medaille quasi schon vor meinem geistigen Auge sah“, erinnert sich Rudolf Kleiser. Umso größer war im Ziel zunächst die Enttäuschung, dass es trotz seiner tollen Zeit von 6:32:41 h (Platz 2046) nicht ganz für die Medaille reichte, weil Gert-Dietmar Klause die Latte mit seiner Siegerzeit so hoch wie noch nie zuvor gelegt hatte.

Rudolf Kleiser freilich kann über diese Episode längst schmunzeln. Zum einen kam er 1975 doch noch zu seiner Medaille. Kein Geringerer als Georg Thoma, Olympiasieger in der Nordischen Kombination von 1960 und ebenfalls in Hinterzarten zu Hause, schenkte ihm die Vasa-Plakette. Er war in starken 5:04:29 h auf Platz 201 eingekommen. Zum anderen schwärmt der Rentner bis heute vom Wahnsinns-Erlebnis Vasaloppet. „Als ich das Buch gelesen habe, sind die ganzen Erinnerungen und auch Emotionen wieder hochgekommen“, sagt Rudolf Kleiser.

Er weiß noch wie heute, dass die Idee für den Start in Schweden 1972 nach einem Langlaufwettkampf auf dem Feldberg geboren wurde. „Wir saßen hinterher bei einem Bier im Schützenhaus zusammen. Als das Ergebnis vom Wasalauf in den Nachrichten vermeldet wurde, hatte Georg Thoma die Idee, dass wir da auch mal mitmachen könnten“, erinnert er sich. Ein Jahr später standen die „Vasa-Freunde Hinterzarten“ zu neunt an der Startlinie. Und nebenbei bemerkt hat es Georg Thoma, der erst kürzlich seinen 80. Geburtstag feierte, 1980 in Schweden in 4:32:66 h sogar einmal unter die besten 100 geschafft.

Rudolf Kleiser 1975 auf der Strecke. Repro: Moritz Gräßler

Bauingenieur Rudolf Kleiser, der im Winter nebenbei als Skilehrer in der Skischule von Georg Thoma tätig war, hat neben dem Vasaloppet auch viele andere große Rennen bestritten. Er lief 20-mal den Engadin Skimarathon, sammelte beim König-Ludwig-Lauf und Marcialonga Erfahrungen und hat zum Beispiel auch den Finlandia Hiihto und dreimal den Schwarzwald-Marathon mit Erfolg gemeistert. Ganz „nebenbei“ engagierte er sich im Tennisclub Hinterzarten und wurde erst vor kurzem für seine 45-jährige Schiedsrichter-Tätigkeit im Fußball geehrt.

Vom Vasaloppet kann er viele Geschichten erzählen. In zwei Ordnern hat Rudolf Kleiser Ergebnislisten, Fotos und Zeitungsberichte aus den Jahren seiner Teilnahmen gesammelt. Schmunzeln muss er vor allem, wenn er daran denkt, wie sich Hunderte Läufer 1973 kurz vor dem Start an einem Bach nahe der Startwiese erleichterten. „Damals dachte man ja noch, man muss sich für 90 Kilometer früh mit einem ordentlichen Stück Fleisch rüsten“, erzählt er. Die Toiletten jedenfalls reichten hinten und vorne nicht. „Es war ein Bild für die Götter, wie alle ihren Arsch zum Wasser runtergereckt haben.“